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„Die Lösungen von gestern sind die Probleme von heute“

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Warum sollen nun Probleme von heute Lösungen von gestern sein? Wenn wir in ähnlichen Situationen immer wieder mit ähnlichen Problemmustern reagieren, kann es spannend sein, sich gemeinsam auf die Suche zu machen: Wann und unter welchen Bedingungen könnte in unserer Biographie ein solches Muster, welches heute als störend erlebt wird, früher vielleicht einmal sinnvoll oder gar lebensrettend gewesen sein? Nicht selten zeigt sich, dass es sich bei den aktuellen Problemmustern um „veraltete“ Lösungsstrategien handelt.  Und je existenzieller und andauernder diese Schwierigkeiten waren, je emotional aufgeladener, desto eingeschliffener ist in der Regel das frühere Lösungsmuster und wird auch heute in bestimmten Situationen wieder getriggert und läuft dann quasi automatisch ab.

Hier ein paar klassische Beispiele, wie Lösungen von gestern zu Problemen von heute werden: Der Chef oder die Chefin bläst sich auf und als ansonsten selbstbewusster Mensch schrumpfe ich innerlich in diesem Moment und mache mich klein. Vielleicht lernte ich aber früher als Kind zuhause oder in der Schule, dass in bestimmten Situationen mit Hierarchiegefälle der Preis zu hoch war, für seine Bedürfnisse einzustehen und es durchaus schlauer war,  zu „verschwinden“? Oder man hat zum Beispiel grosse Mühe, die eigenen Bedürfnisse wahrzunehmen und auszudrücken und es entstehen dadurch Schwierigkeiten in der Partnerschaft. Das Gegenüber in der Gegenwart beklagt sich, dass man zwar sehr aufmerksam, aber selber nicht spürbar, unzugänglich sei. Vielleicht war ein Elternteil früher gewalttätig oder süchtig und man war dadurch als Kind häufig in Alarmbereitschaft, ganz nach Aussen orientiert, stellte die eigenen Bedürfnisse zurück, um auf Bedrohungen reagieren oder Situationen regulieren zu können? Oder es fällt einem in bestimmten Situationen schwer, sich in andere einzufühlen. Vielleicht hatte eine frühe Bindungsperson eine psychische Erkrankung und es war für das Kind bedrohlich und zum Selbstschutz nicht angezeigt, sich in diese hineinzuversetzen, diese „zu lesen“?

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undnun...?

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Ein hilfreicher Zugang kann sein, wenn wir uns diese früheren Lösungsversuche und heutigen Problemmuster als „innere Anteile“ (oder auch Persönlichkeitsanteile, Schemas, Ego-States) vorstellen. Dann stellt sich die Frage: Zu wem werde ich in solchen Situationen, die mir aktuell Schwierigkeiten bereiten? Wie alt ist dieser Anteil, diese innerer Seite von mir, die sich dann zeigt?

Es kann sehr heilsam sein, diese in Not geratenen inneren Anteile in der Vorstellung zu besuchen, mit Ihnen darüber in einen Austausch zu kommen, was sie bewegt. Und sie bei Bedarf – ebenfalls in der Vorstellung – nachträglich aus unserer heutigen erwachseneren Position heraus zu nähren und zu versorgen. Werden diese #innerenKinder in ihren Bedürfnissen wahrgenommen, umsorgt und erfahren, dass sich die erwachseneren Anteile gut um die heutigen Schwierigkeiten kümmern können, ist die Chance gut, dass sie uns in aktuellen Situationen nicht mehr ungünstig dazwischenfunken. Die aktuelle Modeströmung aber, dass alle ihre inneren Kinder lediglich umarmen müssen, und dann wird alles gut, erachte ich als romantisierende Einengung dieses wunderbaren Ansatzes: Immer wieder braucht es zusätzlich zur Umarmung auch eine liebevolle Grenzsetzung. Wie im richtigen Leben halt.

Ein wichtiger, häufig berührender Wendepunkt stellt sich ein, wenn wir es schaffen, anders mit uns selber umzugehen, wenn sich solche Anteile wieder melden. Wenn es uns durch besseres Verständnis gelingt, auf unser unerwünschtes Verhalten nicht mehr mit Selbstabwertung zu reagieren, dann ändert sich mit dem inneren Dialog ein zentrales Element im Problemmuster. Häufig geht es dann nicht mehr darum, etwas Unerwünschtes wegzumachen, sondern um eine neue Balance zwischen Problem- und Lösungsmuster.

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